Samstag, 28. September 2019

Der Wert der Dienstleistung


„Sie haben ja Ihr Hobby zum Beruf gemacht“ mit diesem Satz begründen viele den Umstand, warum sie für eine Stunde Tanzunterricht deutlich weniger zahlen wollen, als für eine Stunde bei einem KFZ Mechaniker, eine Stunde bei einem Rechtsanwaltsalt oder einem Arzt. Aber haben nicht alle, die einen Beruf ergreifen ihr Hobby zum Beruf gemacht - sofern sie nicht aus finanziellen Gründen gezwungen waren einen Beruf zu ergreifen, der nicht ihren Fähigkeiten entsprochen hat. Sollten denn nicht gerade Anwälte oder Ärzte Ihr Hobby zum Beruf gemacht haben? Ansonsten haben sie doch ihren Beruf verfehlt. Wer dafür nicht brennt, es nicht gerne macht, sollte sich Berufe aussuchen, die nicht mit dem Umgang mit Menschen zu tun haben. Und auch dort wird man sich schwer tun Berufe zu finden, bei denen man ohne Leidenschaft etwas erreicht.
Somit darf man doch Anwälten und Ärzten auch deutlich weniger zahlen, da sie ja ihr Hobby ausüben! Gleich wie Tanzlehrern!? € 35,- pro Stunde wären doch angemessen?
In diesem Fall kommt dann das Argument, dass ja eine langjährige Ausbildung zu diesen Berufen führt, tanzen aber doch jeder könne.
Abgesehen davon, dass auch die Tanzlehrerausbildung über 3 Jahre hinweg geht und man sich danach und während der Ausbildung ständig weiterbildet, kommt dann noch die Frage der Erfahrung hinzu. Nach 10, 20, 30 oder gar 40 Jahren Berufserfahrung, dem Wissen um alle Tricks und Hilfen um einen Schritt, Tanz oder eine Kombination an Bewegungen zu erlernen, sollte dann doch eigentlich auch entlohnt, d.h. bezahlt werden?
Genauso wie ein Orthopäde am Gang des Patienten, seiner Haltung und am Händedruck viel über mögliche Fehlstellungen und Probleme desselben erkennt, meist ohne viel nachzudenken, erkennt auch der Tanzlehrer an der Gehbewegung, an der Haltung und der Tanzhaltung viel mehr über den „Patienten“ als dieser eigentlich mitteilen will.
Erkennen wir als Tanzlehrer - zumindest mit langer Erfahrung - bereits wenn wir eine Dame in die Tanzhaltung nehmen, ob sie verspannt, entspannt, aufgeregt, nervös, verklemmt, optimistisch, pessimistisch,…. ist. Nach den ersten Tanzschritten verraten sie uns mehr, als sie über sich selber wissen, oder sich zugestehen.
Der Körper lügt nur ganz selten, nur Schauspieler schaffen es etwas „vor zu spielen“.
Sollten wir daher nicht höhere Beiträge für unsere Stunden verlangen, vor allem wenn es sich um Privatstunden handelt, wenn wir also direkt „am Patienten“ arbeiten. Und noch mehr, wenn wir über mehr als 30 jähre Erfahrung haben, ein ganzes Arbeitsleben in einem Beruf?
Ich kann mich noch gut erinnern wie ich meine Ferialpraxis als Elekrotechniker in der Firma, absolvierte in der mein Vater sie vielen Jahren Abteilungsleiter war. Ein mittelgroßer Industriebetrieb mit einem hohen Grad an Automation. Waren die Gesellen und Meister mit einem Werkzeugkoffer unterwegs, um Maschinen zu reparieren, ging mein Vater meist mit einem kleinen Schraubenzieher bewaffnete zu den ganz schweren Fällen und erledigte nach kurzem hinhören oder handauflegen die Reparatur mit wenigen Handgriffen.
Die Erfahrung machte es aus!
So erkennt man oft erst nach Jahren die Ursache gewisser Bewegungsmuster, die einem immer wieder begegnen, sieht tiefer in den Körper, erkennt Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten, stellt über die Jahre hinweg Theorien auf und verwirft sie wieder zugunsten einer besseren Theorie.
Sollte also eine Dienstleistung wie die des Tanzlehrers nicht besser bezahlt werden? Aber sollte diese Erfahrung nicht auch dazu genutzt werden können Problemen vorzubeugen und Fehlhaltungen rechtzeitig entgegen zu wirken? Dazu aber müssten wir vom Spaß der Bewegung hin zur Therapie der Bewegung, vom Ansatz der Freizeitgestaltung zur Aufrechterhaltung der Gesundheit wechseln!
Dies zu verbinden - Spaß und Freizeiterlebnis mit Gesundheitsvorsorge - ist einerseits die Quadratur des Kreises - nie 100% möglich, aber zumindest eine Annäherung lässt sich machen - andererseits eine große Chance!
Tja und so kommt man vom Gedanken der Bewertung der Dienstleistung Tanzstunden zur Gesundheitsvorsorge.
Tanzen ist vielseitig, Tanzen ist Leben!!!

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